Dienstag, 25. Dezember 2007

Der Duft des Weihnachtsmarktes

Ein Duft von altem verbranntem Fett aus der Frittiermaschine umschweift den Lagerplatz. Aus überdimensional großen Lautsprechern dröhnt volkstümliche Weihnachtsmusik in des Menschen Gehörganges. Sie selbst verstopfen die schmalen Gänge zwischen den Holzbaracken auf der Suche nach Spannung im Leben. Das ist der Weihnachtsmarkt, an dessen Lieblichkeit wir uns beseelen, berauchen. Hier bringen wir uns in Festtagsstimmung. Hier fühlen wir uns heimisch.

Und damit dies auch jeder empfinden darf, gibt es so einen Markt überall. Jeder Stadtteil, jede noch so abgelegene Dorfwiese, jeder Einkaufstempel und Bahnhof, der auf sich etwas hält, hat einen davon. Zu längst vergangenen Zeiten gab es sie lediglich auf den Hauptplätzen eine Stadt. Damals nutzen ihn die Menschen, um sich mit Vorräten für das bevorstehende Christfest einzudecken. Dessen Besuch war etwas Erlesenes, etwas Besonderes.

Heute muss ein Weihnachtsmarktunwilliger seinen Spaziergang planen, damit an keinem Markt vorbeikommt. Der Markt gilt als Event für den einen, der gesehen werden will, für den nächsten, weil er etwas erleben möchte und für den anderen, weil er zu Hause Heizkosten spart. Da findet jeder seine Lederwaren und Erzgebirgsschnitzereien aus China, jeder seine selbst gestrickten Socken und Handschuhe aus Tschechien oder der Ukraine. Da findet sich Spielzeug aus Polen und allerlei Essbares.

So manches Herz schlägt höher, wenn die Zuckerwatte in dichtem Gedränge an der Jacke des Vordermannes verschmiert, wenn die fettige Bratwurst auf Papptellern im Senf verschwindet, wenn die Mülleimer überquellen, ohne das es irgendjemanden stört. Noch höher schlägt die Freude, wenn der Besucher einen Glühweinstand ansteuert. Der Glühwein, ein Heiligtum, das Leitmotiv eines jeden Weihnachtsmarktes. Man kann ihn beruhigt zu jeder Tageszeit herunterschlucken, ohne gleich als Alkoholiker zu gelten. Mehr braucht der Mensch nicht. Da juckt es den ewigen Preismeckerer nie, dass er bis zu 4 Euro pro Becher zahlen muss. „Ein Hoch auf die deutsche Kultur!“ grölen sie schon zu Mittagszeit.

Nach 24 Tagen ist der Trubel vorbei, das Relikt der Wohlstandsgesellschaft löst sich auf in verbranntem Fett, welches im Erdboden verschwindet. Stille, möge man meinen, kehrt ein, Nein. Nur wenige Tag braucht man dazu, ein Großflächenparkplatz wird eingezäunt, die liebe Seele braucht ruh.

Ich zog mich aus und ging leise
Zu Bett, ohne Angst, ohne Spott,
Und dankte auf krumme Weise
Lallend dem lieben Gott.

Joachim Ringelnatz (1883-1934)



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